Info und Checklisten
Klienten-Info - Suche
Artikel empfehlen
Methoden der strategischen Beschaffungsplanung
Insbesondere in Produktionsbetrieben, aber auch bei Handelsbetrieben, kommt der Beschaffung und Materialwirtschaft eine wesentliche Bedeutung für den Erfolg des Unternehmens zu. Bis zur Erreichung des materialwirtschaftlichen Optimums im Sinne der Sicherung der Produktion zu minimalen Kosten können diverse Problemfelder wie Mengenproblem, Sortimentsproblem, Transportproblem, Kapitalproblem, Zeitproblem oder Kostenproblem auftreten.
Um diese Probleme in den Griff zu bekommen, werden von der Beschaffungsabteilung eines Unternehmens unterschiedlichste Funktionen wahrgenommen. Zu Beginn des Beschaffungsprozesses sind vor allem die Bedarfsermittlung (d.h. Ermittlung der Art, Qualität, Menge, Zeitpunkt des Rohstoffs bzw. der Ware) und auch die Beschaffungsmarktforschung von Bedeutung. Darauf aufbauend müssen Make-or-buy-Entscheidungen getroffen werden und auch dem Lieferantenmanagement Beachtung geschenkt werden. Schließlich ist die Bestellung inklusive Bestellabwicklung eine wichtige Funktion in der Beschaffung.
Die mit den Aufgaben der Beschaffungsabteilung verbundenen Ziele können vom Zeitraum betrachtet in langfristig strategische und kurzfristig taktisch-operative Beschaffungsziele eingeteilt werden. Während die taktisch-operativen Beschaffungsziele neben der Optimierung der Beschaffungskosten, der Sicherung der Materialqualität und der Liquidität auch die Sicherung der Lieferbereitschaft umfassen, handelt es sich bei den strategischen Beschaffungszielen beispielsweise um die Sicherstellung der Materialversorgung, der Qualitätsstandards, der Beschaffungsmarktposition wie auch der Preisstabilität. Nachfolgend soll besondere Aufmerksamkeit auf die strategischen Aspekte der Beschaffung gelegt werden.
Strategische Beschaffungslücke/Versorgungslücke als (strategisches) Entscheidungsinstrument
Mithilfe von strategischen Beschaffungsplanungs- und -entscheidungsinstrumenten sollen zukünftige Chancen und Risiken auf dem Beschaffungsmarkt sowie dem dazugehörigen Umfeld erkannt (strategische Früherkennung) und systematisch beobachtet werden. Zwei hilfreiche Instrumente sind hierbei erstens die strategische Beschaffungslücke (Versorgungslücke) und zweitens das Lieferanten-Einkäufer-Marktmacht-Portfolio. Eine strategische Beschaffungslücke entsteht, wenn mehr oder anderes Material benötigt wird, als verfügbar ist. In Abhängigkeit von Lieferanten und Produkt- und Verfahrenstechniken als Parameter können verschiedene Schritte durchgeführt werden, um die Versorgungslücke zu schließen. Ein erster Ansatz ist effizienterer Materialeinsatz während in einem weiteren Schritt neue Lieferanten im In- und Ausland gesucht werden können. Ein weiterer und regelmäßig mit mehr Aufwand verbundener Lösungsansatz liegt in der Suche nach neuen Materialien bzw. Werkstoffen, welche als Substitutionsgüter verwendet werden können. Darüber hinaus könnte noch mittels Diversifikation (neue Werkstoffe und neue Lieferanten) die Versorgungslücke geschlossen werden.
Lieferanten-Einkäufer-Marktmacht-Portfolio
Anhand dieses Portfolios können je nach (relativer) Marktmacht des Einkäufers typische Beschaffungsstrategien herangezogen werden sowie Möglichkeiten zur Vergrößerung der eigenen Marktmacht abgeleitet werden. Einkäufermacht ist typischerweise dann gegeben, wenn z.B. eine gute Kenntnis der Angebotsseite hinsichtlich Preis, Qualität und Liefermöglichkeiten vorliegt. Außerdem sollten etwa bei einem Lieferantenwechsel nur geringe Kosten entstehen und das Einkaufsvolumen einen hohen Anteil am Lieferantenvolumen haben. Im Gegensatz dazu ist die Lieferantenmacht dann als hoch einzustufen, wenn keine Substitutionsmöglichkeit für die Kunden besteht bzw. für den Einkäufer hohe Kosten bei einem Lieferantenwechsel entstehen. Beispielsweise ist auch dann von einer umfassenden Lieferantenmacht auszugehen, wenn der Einkäufer aufgrund des geringen Volumens (aus Lieferantensicht) als wenig bedeutender Kunde (C-Kunde) anzusehen ist.
Je nach Zusammenspiel von Einkäufer- und Lieferantenmarktmacht (jeweils niedrig, mittel oder hoch, darstellbar in einer 9-Felder-Matrix) können unterschiedliche (Vorsorge)Maßnahmen für die Beschaffungsentscheidung getroffen werden. So kann es etwa aus Einkäufersicht bei ungefähr ausgeglichener und hoher (Lieferanten bzw. Einkäufer)Macht ratsam sein, die Lagerhaltung niedrig zu halten, die Preise auszureizen und Kontakte zu neuen Lieferanten zu knüpfen bzw. zu pflegen. Die Möglichkeit einer Substitution von Waren sollte beobachtet werden. Es handelt sich dabei um die Abschöpfungsstrategie, in deren Rahmen die Marktchancen zur Erzielung günstiger Preise und Vertragsbedingungen genutzt werden sollten. Hingegen sollte bei einem ausgeglichenen Kräfteverhältnis auf eher niedrigem Niveau die aktive Suche sowohl nach neuen Lieferanten als auch nach Substitutionsmöglichkeiten vorgenommen werden. Außerdem sollte der Fokus auf den Aufbau von Vorräten und das Halten der Preise gerichtet sein.
Diese Maßnahmen können idealerweise dazu führen, dass Abhängigkeiten beseitigt werden und die eigene Position gestärkt wird und es insgesamt zur Umsetzung der Diversifizierungsstrategie kommt. Schließlich kann sich das Verhältnis der Marktmächte auch so präsentieren, dass es aus Beschaffungsperspektive vorteilhaft sein kann (Stichwort Selektionsstrategie), nur teilweise neue Lieferanten aufzunehmen und das Lager als Puffer zu benutzen. Diese Strategie ist auch durch das Erhalten von Marktchancen durch Partnerschaften gekennzeichnet.
Bild: © photoGrapHie - Fotolia
© Mag.(FH) Thomas Trenkwalder | Klienten-Info